Buchteln

BuchtelnIch könnte jederzeit eine Hommage an Wien verfassen. Über die Schlösser, die Parks, die alten Trams, die Altbauten, die Cafés, den Naschmarkt und das Eis am Schwedenplatz. Die Wiener selbst (also zu mir waren sie immer überaus freundlich, nix da mit grantigem Wiener Schmäh, aber vielleicht haben wir auch nur denselben Humor) und ihr Dialekt, den ich laut Schatz nach wenigen Tagen Aufenthalt immer zu adaptieren scheine. Zu meinem letzten Geburtstag sind Schatz und ich für eine Woche nach Wien geflogen. Ich habe mir die Füße wundgelaufen und doch habe ich noch lange nicht all das gesehen, was diese wundervolle Stadt zu bieten hat. Allerdings habe ich es geschafft, mich durch fast jede Köstlichkeit durchzufressen. Man muss halt Prioritäten setzen. Ganz Touri musste natürlich auch ein Abstecher zu Hawelka gemacht werden. Ein bizarres Erlebnis. Der Laden hat keine Getränke-/Speisekarte. Oder aber der Kellner wollte uns keine geben und hat lediglich behauptet, es gäbe keine Karte. Auf meine Kuchenfrage gab es auch keine befriedigende Antwort. Also haben wir blind bestellt. Heiße Schokolade. Die Füße schmerzten, da sollte sich zumindest der Gaumen erholen. Irgendwann wehte ein fantastischer Duft durch den Raum. 2 Tische weiter schmuste ein Pärchen aufs heftigste, am Tisch nebenan las eine Dame in ihrer Zeitung und trank dazu eine Melange. Ein klassisches Bild. Ich erinnerte mich daran, dass ich schon bei meinem letzten Wienbesuch (liegt ein paar Jährchen zurück, eine Freundin und ich machten die Stadt mitten im Winter unsicher – es war bitterkalt) auf der Suche nach Buchteln war. Aber immer waren sie schon ausverkauft. Auf gut Glück fragte ich beim Kellner nach, ob sie denn auch Buchteln servieren würden. Noch nicht, sie kämen gerade erst aus dem Ofen. Aber wenn wir noch ein viertel Stündchen warten möchten, könne er sie uns noch warm servieren. JACKPOT! Schatz und ich bestellten uns jeder noch ein Wässerchen und warteten gespannt auf unser Mahl. Die Buchteln kamen. Bepuderzuckert, warm, duftend. Andächtig betrachteten wir den Teller. Ich hatte es also endlich geschafft Buchteln in Wien zu ergattern. Wahnsinn. Vorsichtig nahm jeder von uns eine Buchtel in die Hand. Ich zerpflücke unbekanntes gerne in seine Einzelteile und probierte von daher erst einmal nur ein Stück Teig. Eine Offenbarung. Der zweite Bissen beinhaltete Powidl. Die Offenbarung hatte nun eine Offenbarung. Leute, warme Buchteln bei Hawelka schmecken köstlich. Der Teig: super fluffig. So was hab ich noch nicht gesehen. Fluffig, samtig, weich und unglaublich zart. Ein Genuss ohne Gleichen. Ich hatte noch NIE Hefeteig in einer solchen Vollendung gegessen. Ganz anders als zB Hefezöpfe oder Dreikönigskuchen oder ähnliches. Gaaaanz anders. Ich ließ es mir nicht nehmen, den Kellner zu fragen, ob ein Geheimrezept hinter den Buchteln stehen würde. Denn bei Hawelka backt der Hawelka nämlich noch selbst. Früher war’s die Mutter Hawelka, die gebacken hat. Jetzt, wo sie tot ist, ist es der Hawelka Junior, der backt. Familienrezept also. Oder doch nicht? Also ich bin mir sicher, dass es da ein paar Hawelkakniffe gibt, aber der Kellner meinte nur mit einem Augenzwinkern, dass das Geheimnis „Übung“ laute. Aha. Übung also. Na ja.

Und jetzt, nach über einem dreiviertel Jahr hatte ich nun endlich meine erste Übungsstunde. Luna hat Buchteln gebacken. Nach einem Rezept aus diesem Buch. Das Buch habe ich mir als Souvenir im Geschenkeshop in Schönbrunn gekauft. Das gibt es aber auch in jedem anderen Geschenkeshop in Wien zu kaufen. Es erschien mir deutlich sinnvoller, als (doch überraschend hässliche und ziemlich grausige) Tischdecken oder Bleistifte mit Sissikopf drauf. Wegen der köstlichen Buchtelerinnerung und der Angst, dass ich mich als Buchtelidiot erweise, hat es etwas länger gedauert, bis ich mich an diese kleine Köstlichkeit herangewagt habe. Aber ich habe festgestellt: ich bin ein Naturtalent. Oder das Rezept ist überragend. Oder der Hawelkakellner hatte Recht und es gibt tatsächlich kein Geheimrezept. Jedenfalls waren meine Buchteln auch super fluffig, samtig, weich und unglaublich zart. Der Butter sei wohl Dank. Nur der veredelte Powidl schien im Hawelka anders geschmeckt zu haben, aber wer will das nach über neun Monaten noch so genau wissen? Ich bin ja schwer dafür, dass Schatz und ich ganz bald erneut nach Wien fliegen um unsere Erinnerung aufzufrischen. Fazit: das Rezept ist SUPER. Wenn man die Schritte befolgt, steht einem auf dem Weg zur zarten Fluffigkeit nichts im Wege. Für ca. 14-18 Buchteln (je nachdem, wie groß ihr die einzelnen Buchteln formt) benötigt ihr:

  • 125ml MilchBuchteln
  • 1/2 Hefewürfel
  • 30g Puderzucker
  • 30g Butter
  • 2g Salz
  • 250g Mehl
  • 2 Eigelb
  • 1Pck Vanillezucker
  • Schale einer Zitrone
  • 150g Powidl (=Pflaumenmus)
  • 1EL Rum
  • Zimt
  • 125g Butter
  • Puderzucker zum Bestreuen

Lauwarme Milch (ca. 30°C) halbieren. In der einen Hälfte die Hefe auflösen und mit etwas von dem Mehl zu einen dickbreiigen Teig verrühren. Etwas Mehl drüber streuen und zugedeckt an einem warmen Ort aufgehen lassen. Diese Mischung nennt man in Österreich Dampfl. Er ist reif, wenn sich auf der bemehlten Oberfläche große Risse gebildet haben. Puderzucker, Butter, Salz, Eigelb, Vanillezucker, Zitronenschale und das restliche Mehl in der anderen Milchhälfte erwärmen. Den reifen Dampfl unterkneten. So lange kneten, bis ihr einen glatten, geschmeidigen Teig erhaltet. Den Teig 20 Minuten ruhen lassen. Wenn er in dieser Zeit nicht großartig aufgeht, ist das völlig in Ordnung. Muss er nämlich auch nicht. Nach der Ruhezeit müsst ihr den Teig zu einem Rechteckt ausrollen (ca. 30x30cm) und in ca. 5×5 cm große Quadrate schneiden.

Pflaumenmus mit Rum und Zimt abschmecken. Auf jedes Teigquadrat ca. 1TL von dem Pflaumenmus geben. Den Teig über der Füllung zusammenschlagen und zusammenkneifen. Butter in der Mikrowelle oder auf dem Herd bei kleiner Flamme schmelzen. Jedes Teigpäckchen einmal kurz in die flüssige Butter tauchen und mit der zusammengekniffenen Nahtstelle nach unten in eine gefettete Auflaufform setzen. Dabei sollten die einzelnen Buchteln relativ dicht aneinander gelegt werden. Die Buchteln an einem warmen Ort zugedeckt ca. 20-30 Minuten aufgehen lassen. Backofen auf 180°C vorheizen. Die aufgegangenen Buchteln ca. 25 Minuten lang backen. Auskühlen lassen und mit Puderzucker bestreut servieren.

Gutes Gelingen und: An Guadn! Bei Hawelka sah das Ganze (Kakaotassen, Liebespaar, Buchteln) dann übrigens so aus:

HawelkaHawelka

7 Gedanken zu „Buchteln

  1. Sach ma, bist Du die offizielle Buchtel-Pressesprecherin? So wie Du die Dinger beschreibst, laeuft mir echt das Wasser im Mund zusammen, und das, obwohl ich Buchteln eigentlich nicht sehr gerne mag :oops: Ich moechte aber nicht ausschliessen, dass mir einfach noch nicht die richtige Buchtel ueber den Weg gelaufen ist.

    liebe Gruesse,
    Persis

  2. HI, ich muss sagen die sehen nicht nur sehr lecker aus sondern Sie sind es auch. Habe das Rezept eben ausprobiert und ich bin sehr begeistern echt suuuuuper lecker.

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